Montag, 2. September 2019
Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten/Einladung zum Klassentreffen
*Grundlegendes*
Genre: Theaterstück/Drama/Komödie
Seitenzahl: 117
Szenenlänge: lang (jeweils eine Szene pro Stück)
Band/Reihe: Einzelband

*Zum Autor*
Martin Schörle hat sich mit Veröffentlichung dieses Buches nun endlich seinen Wunsch erfüllt, seine beiden Stücke auf den Markt zu bringen. Eigentlich ist er Verwaltungsbeamter und nebenberuflich auch als Schauspieler tätig, nun aber kann er sich auch Autor nennen.

*Zum Inhalt*
Im ersten Theaterstück folgt man dem Monolog des Beamten Fredenbeck, der sich an Fasching allein in seinem Büro aufhält und von den Kollegen Abstand nimmt. Er verfängt sich in seltsamen Vergleichen, langen Erklärungen und verschiedenen Abschweifungen, während er seinen Realitätsbezug Stück für Stück zu verlieren scheint. Sein eigenes Leben zieht an ihm vorbei und bruchstückhafte Erzählungen schreibt er plötzlich anderen zu, um die Realität nicht wahrhaben zu müssen. Im zweiten Stück findet bald ein Klassentreffen statt. Carsten ruft deshalb nach zwanzig Jahren seine Jugendliebe, die sich im Zug auf dem Heimweg befindet, an. Die beiden tauschen sich über den Verlauf ihrer Leben aus, während Carsten noch immer Gefühle für sie hegt und versucht, sie zu einem Treffen zu überreden. Auch die anderen Passagiere im Zug lauschen dem Telefonat gespannt auf das Ende oder aber den Anfang der Geschichte der beiden.

*Meine Meinung*
Das Cover zeigt eine karikaturistische Zeichnung eines Beamten, was gut zu dem ersten Stück passt. Allerdings gibt es keine Bezug zum zweiten Stück, welches sich ebenfalls in dem Buch befindet, was aber nicht weiter dramatisch ist. Der Klappentext weckt Neugier für beide Werke und lässt bereits erahnen, dass es sich nicht um klassische Stücke handelt.
Stück 1: Nichtalltägliches aus dem Leben eines Beamten
Bereits der Titel hat mich hier neugierig auf das Theaterstück gemacht. Dieses ist ein langer Monolog des Beamten, der sehr wirr gestaltet ist. Viele Dinge sind auf den ersten Blick schwer verständlich, lösen sich jedoch teilweise im weiteren Verlauf auch auf. Allgemein ist der Schreibstil gewöhungsbedürftig, da man als Leser oft ebenso verwirrt ist, wie es scheinbar die Hauptfigur ist. Allerdings ist diese wirre Art der Erzählung stellenweise zu übertrieben, sodass es manchmal anstrengend ist, dem Geschehen zu folgen.
Die Regieanweisungen sind klar und eindeutig formuliert, die Beschreibung der Szene und Fredenbecks ausführlich und gut. Des Öfteren wird im Monolog auch das Publikum direkt angesprochen, was einen als Zuschauer und auch als Leser besser in das Geschehen einbindet. Die Figur des Beamten ist faszinierend und besitzt doch einiges an Charakter, auch wenn dies nur unterschwellig vermittelt wird. Durch die bereits erwähnte Erzählweise kommen seine Verwirrtheit und die Angewohnheit, sich in Details zu verlieren, noch besser zur Geltung. Der Schreibstil ist also nicht einfach zu verfolgen, jedoch perfekt auf den Charakter abgestimmt. Eine direkte Handlung ist nicht ersichtlich, es werden eher Anekdoten erzählt und man erfährt einiges über Fredenbecks Leben. Erst am Ende gibt es eine kleine Wendung, die dem sonst eher komisch wirkenden Stück Dramatik verleiht. Es entsteht ein schmaler Grat zwischen „Slapstick und Tragik“, wie Schörle es so schön im Klappentext nennt, den er perfekt umgesetzt hat und durchweg authentisch dargestellt hat.
Insgesamt ist es also nicht immer leicht zu lesen, obwohl es nur knappe 54 Seiten sind, da es anstrengend ist, den Erzählungen zu folgen. Bis auf einige übertriebene Wirrungen ist es jedoch ein lesenswertes Stück, das gleichermaßen lustig und ernst ist und einen nicht abzustreitenden Realismus aufweist.

*Meine Bewertung*

Schreibstil: 4/5
Figuren: 5/5
Story: 3/5
Spannung: 3/5

Gesamt: 3,75/5

Stück 2: Einladung zum Klassentreffen
Dieses Stück unterscheidet sich sehr stark von dem Monolog des Beamten. Der Titel sagt noch nicht so viel aus, jedoch wird sehr schnell klar, worum es geht. Dieses Mal ist es in Form eines Dialoges, welcher über Telefon stattfindet und die Bühne daher in zwei Hälften teilt, geschrieben. Hin und wieder folgen kurze Anmerkungen von anderen Passagieren des Zuges, in dem sich die weibliche Hauptfigur befindet.
Auch hier sind die Regieanweisungen klar und deutlich formuliert und sinnvoll. Das Bühnenbild ist kurz aber gut beschrieben. Der Schreibstil unterscheidet sich grundlegend vom wirren Monolog Fredenbecks: Hier überwiegen kurze Sätze und bis auf einige Rückblenden im Verlauf der Handlung ist das Gespräch der beiden Figuren strukturiert und leicht zu verfolgen. Die Figuren selbst haben jeweils kurze Hintergrundgeschichten erhalten, die sie sich gegenseitig erzählen. Es entstehen gewöhnliche Charaktere, mit denen sich der Zuschauer gut identifizieren kann. Die Handlung beschränkt sich auf das Telefonat und den Versuch Carstens, seine Angebetete zu einem Treffen zu überreden. Dazwischen gibt es, wie bereits erwähnt, kurze Rückblenden, die Teile ihres Lebens noch einmal genauer zeigen. Die Erzählweise wirkt allerdings stellenweise etwas langwierig, da häufig Dinge wiederholt werden. Dadurch fühlt es sich mehr wie ein echtes Telefonat an. Bis zum Ende möchte man, ebenso wie die anderen Fahrgäste im Zug, wissen, wie es mit den beiden Figuren wohl ausgehen wird und ob sie wieder zusammenkommen, was eine geringe Spannung erzeugt und aufrechterhält. Das Ende schließlich ist wenig überraschend und ebenso wie der Rest des Stückes ohne großartige Wendungen oder Enthüllungen.
Es ist also insgesamt ein sehr einfach gehaltenes Stück, das zwar authentisch aber stellenweise leider etwas langweilig ist.

*Meine Bewertung*

Schreibstil: 5/5
Figuren: 4/5
Story: 4/5
Spannung: 3/5

Gesamt: 4,0/5

Bewertung des Buches gesamt: ([3,75+4,0]/2)= 3,875 (~4)

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